EXPOSEE: LYRIKmal17 +1
seite für seite
so rücken an rücken
dass alle worte entweichen
gebunden und doch
in niemandes hand
so warmweiß
so blatt wie nunmehr unbeschrieben
so glatt wie das leben leicht
lies mich
ich dich
bei uns
sind wir
seite für seite
schleier spiele
das herz hinter den kulissen rufe
ich auf die andere seite des vorhangs entflu
tet sich ein meer seiner verschlagenden bretter
umspült die füße einer reihe von betrachtern
werden nass untiefen einer welle von worten
eingeräumt warum seele um seele enthüllt
wie klamm dieses stück aus schleiern
verbindet was ist untrügbar auf
der anderen seite sind wir
verletzlich rufe ich
das herz flu
tet
die ewig reisenden
tief in den wogen unserer fantasie
wagnisse klingender tonfolgen
zaghafte bande der hoffnung
von mir zu dir zu mir
ineinander gespielt
wölben sie sich zu bögen
breiten sich aus wie die schwingen ziehender vögel
mit spannung gepolt auf das, was uns leben verspricht
sehnsucht eingehaucht
erhebt sich gesang in die pfade der lüfte
puls unsrer melodie
aufwind der liebe
getragen von dir
sind wir
die ewig reisenden
niemals allein
königskinder (I)
wie schaust du mich nun an
so ganz von fern aus dem brunnen deiner seele
eröffnest mir den blick auf ihren grund
im wasser gedämpft
die stimme deines jungen
ruf eines kindes
das auch mich bewohnt
lass mich tröstend deine wangen streicheln
das schwarze nass unserer verbrüderten hände
kuss für kuss geschöpft
aus dem schacht der jugend
stillt endlich die schreie unserer herzen
wissen wir doch nun
wo wir uns finden
tief genug
kann das wasser nicht sein
kraft unserer gedanken
kraft unserer gedanken
hangeln wir durch unsres schlafes zeit
die finger schon wund
abgehangen das fleisch
knoten für knoten
rückwärts
entlang am strang unsres lebens
zwischen den bergen
deiner stimme zitternder kompass
hallt nah von unsichtbarem ort
fast sind wir nun hand in hand
zu fallen
zwei tropfen in den lauf des flusses
was über uns schwebt
an sinn bald klein und
verzichtbar
jahr um jahr
du
rund wie ein bauch
wenn die welt ihre zähne zeigt
schmieg ich mich
an deine butterstacheln
glitzere fettäuglein
mit dir in unsere milch
den traumkindern unseren honig
geschmeidig und poliert
für den gang durchs minenfeld
was die welt erlaubt
fragt niemand
ob wir leben oder nicht
und wie
wir igeln doch
zurück in unser herzlaub
jahr um jahr
gebrannt
hörner trug ich nie
ich stoß dich mit der nase
auf dass du den boden küsst
wie einst ich dich
vom tanz gelockt
leckst du die flammen
bis im meer du versinkst
das in weißem staub
dich salzig bettet
rettest dir leuchtkraft
durch die risse deines herzens
jagst noch die erde hinter den mond
weiter als lichtjahre
hab ich dich
ich weiß, du
wurdest so
gebrannt
lanzarote
zwischen den jahren ist nicht ewig
durchstanden der tosende feuertanz
und das gemäuer hinab rinnt schweflig und träg
sein stummer nachhall
lebensgrau, aschenen atems
schattengleich und wortlos steigst du ab
vergessener heimkehrer
im handgepäck dein glimmendes souvenir
ich konnte es nie
aber saug und sauge, um nüchterner und wehmütiger zu werden
ein vakuum, ein karren gebrochenen rades im schutt
und immer noch halluziniere ich blumen
denk an lanzarote
fühlst du das feuer
asche ist fruchtbar
die insel lebt
verlässlich, klug und heiß
fügt sie sich bebend höheren gewalten
wenn morgensonne durch weiße dünen zieht und
schicht für schicht steinerne höhen mit weichheit vergoldet
kommen die dankbaren stunden
und aufrichtig teilen wir erinnerungen
tauschen verstohlene nähe
gegen ein herz und ein heim
gekommen und angekommen
treu und warm und haut an haut
unter einem anderen himmel
zu einer anderen zeit
lanzarote
endlich bei dir
im hafen
wie möcht ich in mir ruhn
die leinen eingeholt nun mich mit schlaf in dir versenken
im atemzug der nacht
haucht treu mir, gedimmt
das lächeln der laternen
möwennester
über heimgekehrte bilder
da meine augen
im verborgnen dir so zugetan
lichterernte
raureif die nacht
über äckern kahl und hart
das schleifen meiner sohlen
feld um feld durch weiß gebrannte spuren
kristalle an den fenstern des hofes
vierundzwanzigmal versprochen
die letzten garben
gescharrt von vögeln
die niemals ruhn
zaubernuss blüht warm in meine hand
in meinem herzen die gläserne glocke
du das pendel dazu
als ob wir nur zieren die mitte
im kreise dieses kalenders
hinter den läden lautloses läuten
setzt reihen von lichtern in gang
und korn um korn blinkt auf
in den kammern
die saat eines endlosen jahres
sorgsam
des himmels rote stirn
krönt mit mattem beschlag die scheiben
haucht ihren glanz
in die augen des streunenden betrachters
lichter erntet in diesen tagen der frost
sabah und die bunten tücher meines herzens
(eine hommage an das ägypten in mir)
im abendrot das ferne auf und ab von sabahs „yana, yana"
schnappende cymbeln zum dumtak der darboukas
unter den seufzern vom himmel betrunkener geigen
raschelndes gold an fraulichen hüften
schultern, getragen von wellen des roten meeres
umspielt von der leichten brise einer ney
in der nacht, die nicht vergeht
ein lächelndes sabah al cher, ya baba
dann, nach dem täglichen foul, tamiya und bed
an der seite meines hageren, alten herrn
in lederschloffen und galabeya
auf staubigen wegen durch treibende gassen
zum souq
wir haben erbarmen mit den hühnern
ergattern einen üppigen strauß molokheya
samak und alles was man braucht
für kosheri und baba ghanoush
komm, meine schwester, meine auserchorene
lass uns waschen, hacken und kochen das chodar
es gibt zum aisch eine wunderbar sämige molokheya
und hitze will mit sattem magen
überschlafen werden
im gedämpften licht des corniche el nile
werden händchen verstohlen gehalten
und stimmen in räumlicher weite sanfter
vor den roten leuchtfäden kriechender blechkarawanen
gleiten verliebte in booten ungewöhnlich still dahin
salziges rinnsal zieht glanz über meine wangen
ich breite die bunten tücher meines herzens aus
atme die gerüche der vergangenen zeit
erkenne mein erbe tränenreich
in der wiedervereinigung
der welten, die in mir wohnen
bukra fi mish mish!
sehnsüchtiger und ganzer
könnte ich nicht sein
menschenwürde
unantastbar
dachte ich und
durchwachte die nacht
mit den augen einer muttereule
kleiner mann
auf der anderen seite der berge
nimm deinen bagger
und grab einen tunnel weit, weit unter den kuppen
ich schicke dir mein lächeln hindurch
auf dieser seite
die zuflucht meines bauches
gegebene natur
wo auch immer die herren der welt
ihre macht ausfechten
und macht es dich auch zum herrscher aller herrscher
vergiss nicht, wenn du fällst
dein ursprung ist
ehrbar
unbescholten
unwiderruflich
noch im fallen
noch im fallen
bin ich würdig
ein blatt zu sein
wohnhaft in den armen
des unergründbaren windes
noch im fallen
lausche ich
dem niemals ausgesungenen
versunken im flügelschlag
einer königin
die ihre kinder bettet in den waben ihres volkes
und fängt mich die erde
bin ich gewiss
dass auf das grün meiner tage
deine zartheit folgt
still und unergründlich
noch im fallen
worte an die eltern
wenn ihr geht
bleibe ich
und ich bin
keine schrift ohne buch
kein fluss ohne bett
keine sonne ohne ihren himmel
keine mutter ohne ihr geliebtes kind
ihr wart das öl
ich bin das feuer
und das holz meiner seele brennt niemals aus
jeder tropfen meines wassers
höhlt den stein
verlorene söhne und töchter springen in meinen abgrund
der einer fruchtblase gleicht
so sind eure zweifel der boden
für meine hoffnung
wenn ihr aus den wurzeln der bäume lest
sie werden es euch erklären
psychogramm
er sah in den spiegel
entdeckte den feind
und warf den ersten stein
doch in den scherben lag
mit blutendem herzen
das kind
Kindergedichte
Dahingeplumpst
Kommt ein Gedicht vom Himmel gefallen…
Kommt es mit Klirren?
Gibt es ein Knallen?
Erzählt es von fremden und schummrigen Orten?
Bittet es dich mit flehenden Worten?
Fragt es nach Sinn
oder raubt den Verstand?
Führt es dich tief in dein Seelenland?
Lass es geschehen,
du musst nichts verstehen.
Denn - Plumps! - wenn es fällt dir in den Kopf,
seid ihr wie Deckel und Topf!
Weihnachtswunsch
Ich wünsche mir die Zeit mit dir
gepackt in Tannenbaumpapier
mit einer roten Schleife dran,
dass ich mich richtig freuen kann,
mein lieber Weihnachtsmann.
Nen Himbeermarmeladenkuss
als morgendlichen Weihnachtsgruß,
dass unser Brot der Schaffenszeit
von Zuckerguss weiß überschneit
und wir bei Tee und Apfelkuchen
alte Reime wieder suchen,
als kehrten wir zurück zum Stamm
wie Kerzen in den Baum.
Dass unser Strahlen neu entflammt
die Herzen hell und offen aus uns schaun.
Ich wünsche mir das Glück mit dir.
Es ist viel mehr als eine Zier,
so wie dein Bart nicht fehlen kann,
mein lieber, guter, schöner Weihnachtsmann.
nichts
die sonne unter der erde
eine kleine terrasse im souterrain
blumen und bienen
und honig
für den koenig
wenn er flieht
in dieses nichts
das alles ist
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+1 ausgewählt für Oktober 2019
longer than we know
as turtles grow
and fossils know
god keeps his eye on who is slow
and surely he will care for what we‘ll be
the earth below
her waters flow
and slowly we will keep up, you and me
until we are the earth again
and longer than we know that we have been
so ease your mind
let thinking drift upon
the waves of love
like pain of birth
your mother's heart
it cannot hurt
we cannot lie
we cannot be undone
die verschleierte frau
im halbschatten tretet ihr
über das pflaster
du mit dem hinkenden schritt
dein mädchen von traurigkeit
eilt dir im schlepptau voraus
man sagt
sie hat ein haus wie ein hotel
die nächte starrt sie mit glasigen augen
auf den traum von brüdern wie löwen und
söhnen wie schwänen
ketten von blauen zirkonen
jeder ein zeuge eurer verbundenheit
so tief in ihren wangen
wie dein eingefallener schmerz
dass du sie mit einem wort
verschleierst
falsch
ist für dich das strahlen der anderen
Auf Wiedersehen im nächsten Raum!