Zwischen Zweifel und Zuversicht
schleier spiele
das herz hinter den kulissen rufe
ich auf die andere seite des vorhangs entflu
tet sich ein meer seiner verschlagenden bretter
umspült die füße einer reihe von betrachtern
werden nass untiefen einer welle von worten
eingeräumt warum seele um seele enthüllt
wie klamm dieses stück aus schleiern
verbindet was ist untrügbar auf
der anderen seite sind wir
verletzlich rufe ich
das herz flu
tet
tiefrot
unter deinem schuldverblendeten blick
andauernd die spiegelung von
abschaumschwarz
und staubfreiem weiß
kalkig, leer und vernichtend
zweischattig
im schutz eines grau-in-grau
halte ich mich
auf messers schneide
der leckende traum von fließendem bunt
durchtränkt mich gefährlich
eines tages
bekenne ich farbe
eines tages
springe ich von der klinge
in tiefstem rot wirst du mich betrachten
denn
eines tages
wandere ich
aus
meine welt
öffne deine augen
weite dein herz
und schmerzt es auch zu sehen, was ist
ich schenke dir meine hochachtung
hintergehe mich
und ich stelle mich mit stolz
auf den dunkelsten grund der wahrheit
verfluche meine tränen
und ich male mir eine Erde, blauer als blau
mache mich klein
und stetig wie ein baum
wachse ich daran
spotte über mich
und noch am pranger bin ich warm umhüllt
vom kostbaren kleid meiner seele
sperre mich ein
und ich tanze mich frei
in einer weite aus geistigen palästen
schlage mich in die flucht
und endlich komme ich heim zu mir
schicke deine schützen zu feuern auf mich
und blut fließt märchenhaft
aus meinen lieben wunden
versorgen werde ich sie, als seien sie gerade geboren
nimm mir dieses leben
und mein letzter atemzug
wird der erste sein
aber
hältst du das kind meines herzens
gefangen
was wird
was wird
wenn meine welt
ihm durch die hände rinnt
untragbar
schwarz und schwer
wie eine strafe?
mutter sein 01.01.2015
wo immer du auch bist
was immer du auch tust
du bist in meinem herzen
ich sage ja zu was du fühlst
wenn du von ängsten aufgewühlt
ich trage dich, ob du bist freude
trauer schmerzen
du hast dir mich nicht ausgewählt
und hättest gern auf mehr gezählt
ich trennt in meiner not gar
deine wurzeln
schuld kannst du niemals daran sein
ich bin die große, doch bin klein
sollt ich nicht sorgen, dass du jetzt
an dir nicht zweifelst
wenn auch du liebst, was ich nicht lieb
es ist ganz deins, das für dich blieb
und fühlt dein herz kein nein
so meines auch nicht
und meine last nimm du nicht an
da ich sie stämmen muss, ich kann
du trägst schon mehr und viel zu lang
und weil du 's nicht erfragen kannst
drückt es so manche stund
auf deine seele
wenn worte helfen zu verstehn
und das gewicht dir anzusehn
biet ich dir meine worte an
für das, was du nicht sagen kannst
ich will für dich doch mutter sein
und niemals lass ich dich allein
wo immer du auch wieder bist
und welche flagge du noch hisst
du bist der wärmste fleck
in meinem herzen
worte an die eltern
wenn ihr geht
bleibe ich
und ich bin
keine schrift ohne buch
kein fluss ohne bett
keine sonne ohne ihren himmel
keine mutter ohne ihr geliebtes kind
ihr wart das öl
ich bin das feuer
und das holz meiner seele brennt niemals aus
jeder tropfen meines wassers
höhlt den stein
verlorene söhne und töchter springen in meinen abgrund
der einer fruchtblase gleicht
so sind eure zweifel der boden
für meine hoffnung
wenn ihr aus den wurzeln der bäume lest
sie werden es euch erklären
schrei
schrei
mein kind
mag sein, du bist
das zeichen
dass welt dich umgibt
mag sein, du bist
die welt für deinen schrei
und für die rufe
die verstummt schon
neben dir
post scriptum
an der tür
in schweigen geschlagene fragen
hände, die greifen
wie ähren nach der sonne
am himmel, der du nicht bist
ein brief kehrt zurück
verbrannt an deinem herzen
und der danach hungert, bleibt zweifelnd
es stillt ihn nicht
im rücken das ungedroschene korn
post scriptum wird er
die erde beschreiben
mit worten, die in den himmel reichen
hände, die greifen
fassen, was ihm verwehrt
der winterbaum I
schnee fällt auf uns
mein zweigenkind und ich
gepuckt in weißen tüchern
einmal erwachen wir grün
und es ist frühling
der winterbaum II
schnee aus alten zeiten
heftet sich mit macht an meine seele
es formt auf mir ein dunkles mal
der unehrlichen treue nadeldruck
wie nacht muss es sein
dass nichts mein auge erkennt
nur die haut und das fleisch
das farblose stechen von frost
drei nüsse für aschenbrödel
bohnen für sherif
das schicksal ist eine prinzessin
ihr herz wie eine taube
weiß
die dramaturgie des augenblicks
was wir erleben, das geht in uns vor –
bilder, berührung, leere
was in uns vorgeht, spricht aus unsren worten
und manchmal aus unserem schweigen
aus dem gesagten wächst unsre gestalt
und unsre gestalt wirkt im handeln
selbst spielen die szenen des augenblicks
im akt und im schlaf, wenn wir wandeln
dieses theater des allüberall
versuchen wir zu gewinnen
wir laufen davon, es bringt uns zu fall,
und niemand kann ihm entrinnen
doch will ich nicht einzig die bühne sein
ich will lieber teilen den raum
verfolgen das ganze mit dir, hand in hand
kunst ist, wenn wir beide uns schaun
dann wandeln wir mit gemeinsamem schritt
und tragen im herzen das ganze
und unsere seelen, die takten mit
wenn sie so in frieden sich sehn
im dauernden wüten des augenblicks
der glanz des winzig kleinen glücks
schritt für schritt
mit den spuren der zeit
durch schatten und licht
in die ewigkeit
ein stift
papier
zeit
und geist
ein wort
gedacht
ganz sacht
die hand
zeit wird kalt
es friert im innern
alt
das wort
gedacht
was es meint
und weint
weint der geist
fleht das wort
wartet papier
hand, die zeit läuft fort
ein stift
papier
zeit
und geist
das wort zerreisst
was es meint
verdirbt
und stirbt
bei mir
mein zuhause fand ich
als ich glaubte es zu verlieren
nun trage ich es immer bei mir
besinne mich, wo es ist
und bin schon dort
stelle dich nicht
in den schatten deiner selbst
du bist viel größer
als er dich erscheinen lässt
das unausgesprochene
steht zwischen den menschen
nicht, weil es existiert
vielmehr, weil es nicht anvertraut wurde
der erste schein
es ist das letzte, das ich schrieb
du wirst es lesen
denn unumgänglich ist, zu sehn
was ist's gewesen
das was-wird’s-sein geht ohne dies
den andern weg
den ich nicht schrieb
und den ich nicht ans herz dir leg
es ist das letzte, das ich sagt
du wirst es hören
denn erst das stumme wort
kann dir das herz beschweren
versteh, das letzte
kann im kern der anfang sein
es täuscht darüber stets
der erste schein
von angesicht zu angesicht
bilder fallen heut aus meiner seele
worte fangen auf, wie ich mich quäle
klänge lassen schwellen mir das herz
heilsam und erlösend ist der schmerz
glanz der tränen fülle meine augen
alles was mir bleibt, an dich zu glauben
felsen, bäume, öffnet eure arme
gebt mir eure schulter, eure warme
im vertrauen suchst du mein gesicht
ich enttäusche deine hoffnung nicht
das schweigen
mutter
im regen sitz ich und schweige
es hallt von der ferne
aus meiner erinnerung tief
leise wie durch
aus wünschen gewachsenen zweigen
das blühende lied
mit dem ich dich einst rief
es rascheln wie perlen am leibchen
die tränen in meinem gesicht
denn sehen, mutter
sehen kann ich dich nicht
mein kind
im regen sitz ich und schweige
es hallt von der ferne
aus meiner erinnerung tief
leise wie durch
aus wünschen gewachsenen zweigen
das blühende lied
mit dem ich dich einst rief
es rascheln wie glöckchen am fenster
die tränen in meinem gesicht
denn sehen, mein kind
sehen kann ich dich nicht
mein freund
im regen sitz ich und schweige
es hallt von der ferne
aus meiner erinnerung tief
leise wie durch
aus wünschen gewachsenen zweigen
das blühende lied
mit dem ich dich einst rief
es rascheln wie rosen im winde
die tränen in meinem gesicht
denn sehen, mein freund
sehen kann ich dich nicht
mein gott
im regen sitz ich und schweige
es hallt von der ferne
aus meiner erinnerung tief
leise wie durch
aus wünschen gewachsenen zweigen
das blühende lied
mit dem ich dich einst rief
es fallen wie wolken vom himmel
die tränen aus meinem gesicht
denn sehen, mein gott
sehen kann ich dich nicht
treu an mein herz
wenn du mich auch nicht hörst
ich höre mich
wenn du mich auch nicht liest
ich hab’s geschrieben
wenn du mich nicht umarmst
ich halte mich
treu an mein herz, das ewig
mich wird lieben
ins neue licht
runde um runde um runde
kreisende wogen
heimlich unheimlicher sog
schwelend, angstschwappend, irr über abgrundtiefschwarzem schlund
wie nur konnte ich entfliehen
zurücklassen dich
mein herz
tag für tag
stund um stund
dein kindliches pochen gedämpft im griff der dich überhütenden hand
sicher ist
wer frei ist
im kommen und gehen
unbeirrbar ebbe und flut
aber du
leuchtende quelle des seins
dein pures Ja - überströmt
verstrahlt, ein zweifarbig schimmerndes Nein
gedrückt
gesunken
versackt
verloren?
die fesseln der freiheit
umklammernd
hör ich nicht auf zu warten auf dich
fernab gestrandet am rettenden ufer
fortgetrieben zurück
in die wiege des lebens:
komm, mama
richte nicht
richte dich auf
zieh und hol alles herauf
herauf zu dir
mit dir
hinauf ins neue licht
bleischwer
der stuhl, auf dem ich sitze
in diesem luftleeren raum
von hier
und jetzt -
bleischwer mein gedächtnis -
er könnte zerbrechen darunter
kramen und kramen
sehe ich
uns in der alten kiste -
dich nach waffen
mich zerknitterte landkarten zu entfalten -
doch hier
werden wir angehalten
zu schauen
geradeaus
was beschlossen ist, zählt
vereinbart
wirklich wirklich wäre es
wäre da nicht immer
diese vergangenheit der
nächsten bleiernen sekunde
die wir niemals wahrhaftig angeschaut haben
so lange
bis kein stuhl uns noch halten kann
für uns
vom kopfhaar geteilt bis zu den füßen
im holz unserer seele
unablässig zu scheiten geschlagen
stammloser haufen verhängnis unter ihr
wer schaut noch auf das richtende feuer
wenn schmerz verlässt mit steinernem gesang
was nicht mehr ist
wenn fahl und grau und fruchtbar aus zerfall
ersteigt für uns
der wahre sinn
behauptung und krone des lebens
Auf Wiedersehen im nächsten Raum!